2017 Grandes Alpes: Auf und nieder immer wieder – das Verdeck blieb anfangs in Übung.

Um es mal gleich zu sagen: Anfangs waren wir mit Knöpfchen-Drücken öfters beschäftigt.
Allerdings hatten wir insgesamt nur einen Tag bei der gesamten Tour bei der bis zum späten Nachmittag die Mützen oben blieben. Je südlicher, desto heißer und trockener wurde es. Also
wetterseitig ein (nahezu) voller Erfolg.

Unterwegs waren wir diesmal mit drei Cabrios und sechs Reisenden. Eine kleine, schnittige Gruppe. Die Paarungen: Roland/Kirsten, Manfred/Sybille, Niels/Susanne (gemäß der internationalen Gepflogenheiten werden die Fahrer zuerst genannt…)

Am Tag 1 trafen wir uns bei Roland und Kirsten. Mit geputzten Autos ging es sogleich auf die B17 Richtung A96 zur direkten Anfahrt zum Genfer See nach Thonon le Bains. Manfred hatte freundlicherweise schon die Autobahnkleberchen für die Schweiz eingekauft. So schmückten wir die Autos mit dem grünen Etikett der Eidgenossen.
Die Fahrt verlief flüssig. Wohl ganz im Gegensatz zur klassischen Italienroute. Die Radiodurchsagen informierten über Staus im dreistelligen km Bereich. Da ging es bei uns entspannter zu. In Österreich füllten wir unsere Tanks vorher nochmals mit „günstigem“ Kraftstoff.

Hinter Bregenz pausierten wir bei einem kleinen Picknick auf einem Autobahnrastplatz.
Vom Tempomat an kostenpflichtigen Geschwindigkeitsübertretungen gehindert, erreichten wir am späten Nachmittag das Hotel am Genfer See.
Nach kurzer Einnahme der Zimmer, ging es zum Einkaufen. Die nahegelegenen Versorgungseinrichtungen wurden gestürmt.
Stilgerecht deckten wir uns in der Boulangerie mit Brot und im Supermarkt mit Wurst und Käse ein. Unsere Gaumen mussten sich schließlich auf die französische Kost einstimmen. Die Hotelbar wurde geleert um den Verdauungstrakt anzufeuchten.
Im Hotel genossen wir Essen á la Card: Von Kartoffel mit Käse und Speck, Hamburger mit deftigem (französischem) Käse und Mädchensalat. Streifenfisch wurde zu Streifen verarbeitet. Hier wurde auch ein Franz-Wein verköstigt… So gestärkt, legten wir uns nieder und verbrachten die Nacht.

Nachts und noch in den frühen Morgenstunden begleitete uns rauschender Regen mit zeitweisem Gewitter.
Der zweite Tag startete mit Frühstück um 8 Uhr. Von wegen Urlaub, wir sind ja nicht zum Spaß da. Nochmals wurde am Feiertag der Supermarkt gestürmt um für umfangreiches Picknick ausgestattet zu sein. Bei einer Boulangerie in der Stadt wurden Kalorien gefasst und Marenken für den Hasse Junior eingekauft (Anmerkung: Es sollten nicht die letzten Stücke sein)

Beim Start blieben die Verdecke zu, da uns bis Mittag Nieselregen begleitete. Dann wurde es trocken und wir konnten oben ohne fahren.

Die Strecke war bereits komplett durchgeplant. Die GPX Dateien schlummerten in den Navis.
Allerdings warfen wir doch einen Blick auf die traditionelle Papierkarte um nochmal einen Überblick der ersten Pässe zu bekommen.

Die Route führte uns mit kleinen Navigationsherausforderungen bis Beaufort. Es war eine sehr schöne Strecke mit vielen Kurven und teils einsamen Landschaften. Ferienverkehr konnten wir nicht bemerken. Alles war recht frei. In Beaufort ging Kirsten ins Touristik Büro und war dann erstmal verschwunden. Einfach weg. Wie aus dem Nichts kam sie freundstrahlend mit drei Schlüssel um die Ecke und verkündete „Zimmer organisiert“. Abstieg im Hotel Le Doron.

Nach wenigen Minuten traf man sich zum Stadtbummel in der Käsestadt. Anschließend Abendessen im Hotel mit originalen französischen Kässpatzen und Wurst. Klingt komisch, war aber so.

Tag Drei begann nochmals mit einem Stadtbummel in Beaufort mit einer Degustation lokaler Köstlichkeiten auf dem zentralen Marktplatz. Eindecken mit üppigem Käseeinkauf aus der örtlichen Käserei und lokalen Fleisch und Brotdelikatessen zum obligatorischen Picknick auf der Strecke. Eine Gruppe mehrerer Englischer Oldtimer ergaben interessierte Blicke. Die Teams hatten ja schon einen Reihe von Meilen auf dem Buckel.

Wir änderten die vorgesehene Strecke und holten durch die Navigationshindernisse (Straßensperrung) bedingte Fehlstrecke wieder auf. Allerdings fuhren wir teilweise durch dichte Wolken mit Sichtweite unter 10 m. Die Rücklichter vom Vordermann waren kaum erkennbar. Das ergab in Kombination mit den engen Straßen und der üppig grünen Landschaft eine tolle Stimmung (zumindest, wenn die Sicht wieder etwas aufklarte) Auch einige Skiorte erschienen als Geisterstadt, da alle Fenster und Türen verriegelt waren, Geschäfte geschlossen und kaum menschliches Leben zu entdecken war.

Nach der „großen“ Runde kamen wir zurück nach Beaufort. Das Wetter war jetzt wieder sonnig und die Weiterfahrt auf der geplanten Route mit durchgängig offenem Verdeck nach Bourg-Saint-Maurice war möglich. Leider hat der Col d’Iseran noch Wintersperre und so musste eine Alternativroute herhalten. Dies ging von Bourg-Saint-Maurice über den Col de Madelaine. Dazwischen passierten wir sogenannte „Zombieorte“ wie beispielsweise Notredame-du-Prés wo wir nicht sicher waren, ob die Eingeborenen vor uns geflüchtet waren oder die Fußwege ständig nach oben geklappt sind.

Der Col de Madelaine hüllte sich nahezu komplett in Wolken, so dass auch ein Aufenthalt mit Kaffeetrinken keine Besserung brachte. Die Wirtin vom Hospiz vermittelte uns dann allerdings ein kleines, uriges Hotel auf 1200 Höhenmetern. Dessen Wirtin lag schwanger im Bett und der Wirt versuchte sein Bestes uns bei Laune zu halten, was ihm auch glückte.

Um die wenigen, nicht sichtbaren Einwohner des Ortes und deren geschichtlichen und zwischenmenschlichen Verknüpfungen besser kennen zu lernen studierten wir eingehend die Grabsteine des in der Nähe befindlichen, kleinen Friedhofes. Anhand der Namen errechneten wir einen hohen Inzuchtkoeffizienten. Abendessen mit Lasagne und Käseteller mit lokalen Käsespezialitäten. Dazu gab es einen milden Schnaps (Genepi le Chamois) vom Wirt spendiert.
Dieser sollte uns später nochmals munden und sich auch im Reisegepäck wieder finden.

Mit zwei weiteren dort gestrandeten Motorradfahren entwickelte sich ein intensives Fachsimpeln über die elektronische Navigation und ihre Tücken.
Fazit: Geht schon, aber die einschlägigen Hersteller haben allerdings noch viel Arbeit vor sich, scheinen sich aber für die Bedürfnisse der Kunden nicht zu interessieren. Die gute alte Karte im Gepäck ist eine hilfreiche Versicherung.

Der Blick aus dem Fenster gegen 6:00 morgens ergab blauen, klaren Himmel. Das weckte die Hoffnung. Aber die Hoffnung stirbt nach dem Frühstück. Erst begann es mit dicken Wolken, die den gesamten Himmel bedeckten. Das wurde dann gesteigert, pünktlich zur Abfahrt begann es zu regnen. Also starteten wir geschlossen.

Der Weg führte uns zuerst über den Col de Croix de Fer, anschließend nach Alpe d’Huez um ein wenig auf den Spuren der Tour de France zu fahren. Kleine blaue Flecken am Himmel ließen eine gewisse Hoffnung aufkeimen, die aber zugleich zunichte gemacht wurde, denn die D9011 nach Briancon war komplett gesperrt. Die Verdecke konnten wir allerdings wieder öffnen. Schon wieder versanken wir in den Tücken der elektronischen Wegeführung. Unterstützt von konventionellen, unmodernen und uncoolen Papierkarten bauten wir uns eine großzügige Umleitung von nahezu 200 km. Dies kam nicht in Betracht, da große Teile Strecke auf der Autobahn verliefen. Also Umentscheidung zum Rückzug und wieder zurück über den Col de Croix de Fer mit einer klitzekleinen Pinkelpause und einem kurzen Picknick in wieder strömendem Regen. Man reichte sich Brot und Käse von Auto zu Auto. Auch mal eine neue Art der Gemeinsamkeit.
Als wir wieder weiterfuhren, hörte es nach einem Kilometer auf zu regnen. Das hätten wir früher wissen sollen….Macht nix, Mützen runter und weiter geht’s.

Belohnt wurde dies allerdings durch die Überquerung des Col de Galibier im Sonnenschein und geöffneten Verdecken. Traumhafte Landschaft, klare Luft. Wohl keine schädlichen Luftpartikel. Übernachtung nach kurzer Beratschlagung im Hotel des Glaciers auf dem Col du Lautaret in 2058 m Höhe.

Das Abendessen erfolgte mit stilechtem Raclette und Fondue. Die Wirtin wollte prüfen, ob ein halber Laib Raclette tatsächlich für 4 Personen reicht. Der Raclette Käse hat die Herausforderung gewonnen, trotz massiver Anstrengungen diesen zu vertilgen. Voll gesättigt ging es ins Bett um am nächsten Morgen die Frühstücksherausforderung anzunehmen. Ein tolles Hotel, obwohl schon in die Jahre gekommen.

Begonnen hat der fünfte Tag, wie der vorige aufgehört hat: Mit strahlend blauem Himmel und Sonne bis zum Abwinken. Dazu gab es gleich mal eine Frühstücksorgie mit Schinken und massiv Käse. Das Verdeck wurde nur einmal geöffnet und erst am Abend wieder geschlossen.

Erst mal ging es zurück auf den Col Galibier, da das Internet den geöffneten Col kommunizierte. Leider blieb er geschlossen (nur über die kurze Tunneldurchfahrt zu erobern) und sollte erst nachmittags geöffnet werden.
Dafür machte sich Sybille’s Windjacke selbstständig und wollte nicht mehr mitfahren. Manfred musste todesmutig einen Steilhang hinabklettern, ohne Seilsicherung und Steigeisen. Der Todesmut wurde belohnt durch das Einfangen der flüchtenden Jacke.

Also ging es auf der geplanten Reiseroute weiter über Briancon zum Col d’Izoard. Hier erwarteten und wieder über 2000 Höhenmeter. Auf der Paßspitze gab es das obligatorische Beweisfoto. Gleich anschließend ging es über den Col de Vars mit einem Tässchen Milchkaffe im Refuge Napoleon und einer Andenkentasse im Gepäck. Das Refugium zeichnete sich insbesondere dadurch aus, dass die Männer sich auf der Unisextoilette gefälligst auch hinzusetzen haben, da sie ja nicht beobachtet werden. Auf der Passhöhe auch hier wieder das obligatorische Beweisfoto.

Von dort ging es schnurstracks weiter zum Col de la Bonette, der dem Porsche alles abverlangte und ihn mächtig ins Schwitzen brachte. Einem Dampfkessel ähnlich quittierte der Porsche die Höhe mit einem strengen Hinweis, „sofort anhalten und abkühlen zu lassen“. Offenbar reichte der Fahrtwind bei der gemütlichen Fahrt den Pferdchen nicht zum Atmen aus. Vielleicht hatten sie auch einfach nur Fieber. Auf halber Strecke an einem klaren Gebirgssee mit herrlicher Aussicht führten wir das Gefährt zur Tränke mit kühlem Nass. Den Rest schaffte das sensible Mobil ohne weitere Asthma-Anfälle. Leider war auch hier der Cime de la Bonette durch Schnee noch gesperrt, aber die grandiose Aussicht auf den Pass selbst entschädigte für alles.

Auf der Suche nach einem Hotel gelangten wir in einen komplett verlassenen Wintersportort „Auron“, wo tatsächlich noch 2 Hotels verzweifelt auf Gäste warteten. Selbst die Gendarmerie ist hier nur im Winter aktiv und überzeugt durch geschlossene Rolläden. Daher hatten wir auch keinerlei Skrupel unsere Cabrios im absoluten Halteverbot übernachten zu lassen.

Von Auron aus fuhren am sechsten Tag am nächsten Morgen zunächst an den Ufern eines frischen Gebirgsflusses entlang, bis wir schließlich in den Nationalpark Mercanture gelangten. Hier schlängelte sich die Straße an malerischen Hängen entlang und durch kleine Ortschaften. So
gelangten wir schließlich zum Col Turini. Dieser ist einschlägig bekannt von der Rallye Monte Carlo. Also genau das richtige Pflaster für uns.
Wer dachte, dass man von 400 m über NN kurz vor der Mittelmeerküste keinen anständigen Pass mehr zu erwarten hat, der wurde vom Col Turini ziemlich überrascht. Immerhin ging es noch einmal durch engste Straßen und Gassen hinauf zum Col auf 1600 m. Doch nicht nur der Aufstieg ist spektakulär, gerade bei der Abfahrt nach Menton zeigt der Pass sein wahres Gesicht.

Auf halber Strecke legten wir noch einmal in dem malerischen Ort Sospel eine kurze Verschnaufpause ein um uns dann den letzten Kehren unserer Grandes Alpes Fahrt zu widmen. Schließlich endete die „Route des Grandes Alpes“ in Menton, wo wir auch schnurstracks auf die Autobahn fuhren um sie gleich eine Ausfahrt weiter wieder nach Monaco zu verlassen. Ein kurzer Zwischenstopp in der Boulangerie „Le Pétrin Ribeirou“ bescherte uns Apfeltarte und Flankuchen, die wir auch prompt auf einem kleinen Küstenparkplatz zwischen Monaco und Nizze (Villefranche) verspeisten.

Schliesslich gelangten wir nach Nizza zu einem kleinen Stadtbummel entlang der Promenade des Anglais, der Fussgängerzone und der Altstadt. Der Porsche brauchte mal wieder eine Abkühlpause vom Stop and Go durch Nizza. Das beschränkte Kofferraumvolumen unserer Cabrios hielt die Damen allerdings nicht ab durch Einkäufe auch die letzten freien Ritzen zu füllen.

So steuerten wir also unser letztes Quartier in Gattieres an, etwa 20km hinter Nizza. Dort angekommen gab es zunächst etwas fragende Blicke über die Qualität des Etablissements, aber nach einer kurzen Besichtigung stellte sich heraus, dass wir hinter der äußeren Schale wohl die größte Perle der Cote d’Azur gefunden haben. Liebevoll eingerichtet erwarteten uns die beiden Eheleute und Eigentümer des Hotels „Le Beau Site“. Im Steingarten reflektierten noch einmal die gefahrenen Tage bis wir schließlich von einem exotischen Abendessen, gekocht von Madame und serviert vom Monsieur persönlich komplett überrumpelt wurden. Das Essen war ein Traum.
So fielen wir schließlich erschöpft von der Fahrt und der Sonne, beindruckt von uns unbekannten Gewürzen ins Bett.

Am letzten Tag trennten sich dann die Wege. Roland/Kirsten und Niels/Susanne traten den 800 km langen Heimweg an. Als kleinen Ausklang nahmen wir noch den S. Bernadino Paß mit.
Manfred und Sybille blieben noch für ein paar Tage in der Region, bevor auch sie sich wieder auf den Heimweg machten.

Hier noch ein paar Eckdaten zur gesamten Tour:
Insgesamt haben wir 2414 km von Haustür zu Haustür zurück gelegt (Königsbrunn/Königsbrunn)
Dabei haben wir 17.400 Höhen-Meter überwunden
Der höchste Punkt dabei war 2776 m ü. NN.
Der tiefste Punkt liegt bei 0 m ü. NN.
Wir waren auf den höchsten befahrbaren Straßen Europas.
Nur die Serpentinen hat niemand mitgezählt – aber die Tunnel bei der Heimfahrt:
18 in Frankreich, 118 in Italien, 20 in der Schweiz, einer in Österreich und einer in Deutschland.

Wir hatten Regen, Graupel und Sonne satt. Die Autos haben durch gehalten, nur dem Porsche war es gegen Ende zu etwas zu warm. Die gesammelten Eindrücke lassen sich in den Bildern nur bedingt widerspiegeln. Niels hat beschlossen, die Tour mit seinem Sohn nochmals zu fahren. Gleiches gilt für Roland, der auch mit seinem Sohn und den Motorrädern die Tour wiederholen möchte. Manfred meinte, als Rentner hätte er jetzt Zeit sich das ganze nochmals ausgedehnt anschauen zu können.

Lieber Roland, herzlichen Dank von allen für die tolle Route. Wir konnten viele neuen Eindrücke gewinnen. Die Fahrt war ohne wenn und aber ein unvergessliches Erlebnis.

Liebe Kisten, lieben Dank für Deinen Einsatz als Übersetzungs-Guide. Das ist immer wieder hilfreich und vermeidet körpersprachlichen Einsatz von Händen und Füßen…

Susanne und Niels

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